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Persönliche Grenzen überschreiten

Was uns bewegt ist der Wunsch sich selber nah zu sein.

 

Wie die Natur ist der Mensch einem stetigen Wandlungsprozess untergeordnet. In seinem Innern entfalten sich die Wachstumsprozess in einem längeren oder kürzeren Zyklus. Letztlich sind alle Veränderungsprozesse und Lebensübergänge wie Trennung, Burn-out, Pubertät, Midlife-Crisis, Elternschaft usw. Wachstumskrisen. Es sind also jene Schwellenzustände, in denen das Alte nicht mehr und das Neue noch nicht trägt.

Bei jedem Wechsel überschreiten wir Grenzen vom bisher Bekannten zum Unbekannten. Sind solche Übertritte selbstgewählt und gehen sie in einer selbstbestimmten Geschwindigkeit voran, können Menschen in diesen Prozessen sehr gut in neue Erfahrungsräume hineinwachsen und damit sich selbst tiefer in ihrer Persönlichkeit verstehen.

 

Anders hingegen, wenn Übergänge von aussen aufgezwungen werden. Werden Grenzen zu schnell überschritten, können massiv verunsichernde Gefühlszustände entstehen. Menschen kreieren dann notgezwungen eine innere Sicherheit. Eine durchaus adäquate Form ist innere Distanz zum Geschehen zu schaffen. Eine Möglichkeit ist die Trennung von Aussen und Innen. Menschen nehmen sich dann so wahr, als ob eine Glaswand zwischen ihnen und der Aussenwelt besteht. Sie sind nicht im direkten Kontakt mit anderen Menschen, sondern durch einen Schleier getrennt. Auch sich selbst gegenüber ist die Wahrnehmung gedämpft. Gefühle und Körperempfindungen können nicht klar definiert werden. Oft übernimmt der Verstand die Führung und verstrickt sich zuweilen in komplexeste Erklärungen. Handlungen fühlen sich kraft- und ziellos an. Der Mensch ist sich selber fremd geworden.

 

Solche Zustände können bisweilen mehrere Tage oder Wochen dauern. Menschen bleiben quasi auf der Grenze stecken. Sie sind weder im vertrauten Ort der alten Sicherheit, noch sind sie in neuen Selbstdefinitionen angekommen. Doch kann dieser Zustand bewusst wahrgenommen und als sinnstiftend anerkannt werden, kann dieses Schweben in sich den Keim von kraftentfaltenden Prozessen bergen. In solchen Übergangsphasen hilft das Zuwenden zum eigenen Körper. Wie fühlt es sich an in mir selber fremd zu sein? Welche Körperempfindungen und Gefühle nehme ich wahr? Das Bewohnen der eigenen Innenräume schafft neue Kontaktmöglichkeiten, zuerst im Innern, dann im aussen. Diese neuen Qualitäten zu erforschen, fördert ein tieferes Selbstverstehen von inneren Seinszuständen und Veränderungsmöglichkeiten.

 

Ein solcher Übergang kann gerade jetzt in diesen Tagen des Neuen Jahres stattfinden. Das Neue hat gerade erst begonnen und noch keine klare Form oder Aussage. Es will sich noch erschaffen und lädt dich geradezu ein langsam die Wintertage zu beleben.

 

 

Philipp Steinmann

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