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Sind Männer nun Kerle oder nicht?

Hast du dich auch schon gefragt, ob du ein Kerl bist? Unlängst bin ich dem «Yoga für Kerle» begegnet. Das hat mich augenblicklich angesprochen. Da wurde etwas in mir lebendig. Wäre es «Yoga für Männer» gewesen, hätten meine Vorstellung den Begriff gleich gesetzt mit Schwangerschaftsyoga oder Hormonyoga. Nein, das ist nicht mein Ding. Doch wenn Kerle Yoga machen... das ist schon etwas anderes. Denn ein Kerl ist etwas anderes als ein Mann. Dass du ein Mann bist, lässt sich unter anderem an deinem Penis erkennen, an deinem Gang, an deiner Ausstrahlung und anderen mehr den männlichen zugeordneten Attributen. Doch was ist ein Kerl? Ich bin auf die Suche nach dem Kerl in mir gegangen.
 
Kerle sind die unflätige Seite des Mannes. Ein Kerl ist der Teil des Mannes, der seine eigenen Werte lebt. Kerl hat Spass daran hat, sein Ding zu tun ohne nach links und rechts zu schauen. Kerl ist frech, heldenhaft und überschreitet manchmal gesellschaftliche und kulturelle Grenzen. Ja, Kerl sein bedingt geradezu die Nähe zum Ungehorsam, die Nähe zum Gesetzlosen. Doch anders als ein krimineller Mann ist das Überschreiten der Grenzen ein Akt der heroischen Selbstdefinition. Für Kerl ist es wichtig vor und hinter der Grenze zu leben und immer wieder hin und her zu wechseln. Wäre ich Kerl, wenn ich nur nach den Konventionen der Gesellschaft leben würde oder ganz ohne?
 
Damit ist Kerl auch ein Grenzgänger. Auf der einen Seite die Welt der Anpassung, der Normen, auf der anderen Seite das Wilde, die Nonkonformität. Doch anders als der Rücksichtlose, der Narzisst liegt Kerl der Schalk auf den Lippen, wenn er über die Grenze geht. Eine gewisse Portion Distanz zu sich selber – ein Lächeln über sich selber.
 
Der entwickelte Kerl handelt nicht aus Trotz. Das wäre der kindliche Teil des Mannes. Für Kerl ist es auch nicht wichtig, dass er von Nicht-Kerlen gesehen wird. Das braucht der narzisstische Teil des Mannes. Doch für Kerl ist es wichtig von anderen Kerlen gesehen zu werden. Ohne andere Kerle hat er es schwer. Denn das Anderssein ist nur zu ertragen in der Gemeinschaft, nicht in der Isolation. Darum geht Kerl ins Yoga für Kerle oder setzt sich auf sein Motorrad.
 
Kerl sucht auch die Frauen und sie suchen ihn. Er weiss um seine Anziehungskraft, wenn er «ein ganzer Kerl» ist. Kerl ist toll, lebendig..., doch so ganz kann man sich nicht auf ihn verlassen. Doch gerade das lockt die Frauen - das Spiel mit dem frechen Mann. Frauen lieben Kerl. Manchmal so sehr, dass sie ihn finanziell an sich binden. Doch wenn eine Beziehung tiefer geht und essenzielle Gefühle an die Reihe kommen, wird der entwickelte Kerl innehalten und mit seinem inneren Mann sprechen. Dann ist Kerl nicht gefragt. Ein Kerl ist nicht familienfähig. Er garantiert keine Sicherheit.
 
Wenn Kerl den Kontakt zu sich selber verliert, kann es sein, dass Kerl in seiner eigenen Selbstverliebtheit verloren geht. Dann kann er zum Chauvinisten mit einem übersteigertem Männlichkeitsgefühl werden. Dann hat es Kerl schwierig wieder auf die andere Seite der Grenze zu kommen. Dann bleibt Kerl verloren in seiner Männlichkeit und altert allein.
 
Kerl steht leicht selbstironisch über den Dingen und meint damit, dass er über seinen Gefühlen steht (oder er bestätigt sich dies zumindest, meist mehrmals am Tag). Kerl ist nicht der Mann, der die Last des Ernährers trägt, der Firmen und Mitarbeitende führt, der Projekte initiiert und die Welt enkelgerecht gestaltet. Doch Kerl kann Mann unterstützen, immer wieder mal seine persönliche Grenze zu überschreiten um mit ungewohnten, frechen, unkonditionierten Denk- und Verhaltensweisen zu spielen.

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